Test d-box 2 Linux
d-box202
Hintergrundinformation:

Es gibt leichteres, als einen Test über eine Linux-d-box2 zu schreiben. Zu umfangreich sind die Möglichkeiten dieser mit dem Opensource Linux
versehenen STB. Mein Hauptaugenmerk bei diesem Test gilt der Frage, wie ein Normaluser, kein Linux-Freak, mit einer fertig konfigurierten Box umgehen kann. Ich werde auch nicht auf jede Kleinigkeit eingehen, die die Box in überwältigender Funktionsvielfalt bietet, sondern beschränke mich auf die relevanten Funktionen.

Das etwas komplizierte Einstellen des debug-modus erspart uns in diesem Fall die Firma
D+W aus Heiligenhaus, die die d-box2 zur Zeit im debug-mode konfiguriert für ca. 130€ anbietet und uns für diesen Test die Box zur Verfügung gestellt hat. Man braucht sich dann nur noch das passende Image herunterladen und lt. Anleitung aufspielen. Die fertige Linux-Box wird von mir ähnlich bewertet wie eine Konkurenz-STB aus dieser Preislage. Jedem Interessierten bietet sich natürlich auch die Möglichkeit, eine d-box2 irgendwo günstig zu erwerben und dann die Einstellung zum debug-mode selbst durchzuführen. Hilfestellung und Links zum herunterladen des Linux-Image hierzu bekommt der Geneigte z.B. auf http://www.dietmar-h.net/ oder http://wiki.tuxbox.org.

Die d-box2 ist eine ältere Entwicklung, basierend auf einem Motorola RISC-Prozessor MPC823. Es handelt sich dabei um einen mit 66MHz getakteten 32Bit Prozessor mit PowerPC-Kern und integrierter Kommunikations-Peripherie. Der MPEG-2 Audio/Video Decoder Chip wurde von C-Cube gebaut und entspricht in etwa dem legendären Chip, den Cyberhome in seine legendäre 312/512 DVD-Player-Serie verbaute. Als MPEG-Dekoder ist entweder ein Avia500 oder ein Avia600 in der Box, als Demux ein GTX.

Die Box bietet keinen CI-Einschub, wohl aber zwei Kartenschächte für entsprechende Karten einschlägiger Privatsender. Bei den neueren Linux-Versionen ist keine Entschlüsselung mehr vorgesehen. Wer im Internet stöbert, wird aber leicht fündig und kann nachrüsten, um sein Abo zu nutzen. Die Box bietet dann auch Multifeed. Einige Pay-TV-Anbieter verbieten allerdings die Veränderung der Box während der Laufzeit des Abos. 

Die d-box2 gibt es als Kabel oder Satellit-Variante. Sie wurde, wie die d-box1 auch zu Anfangs nur von Nokia hergestellt, später gab es Versionen von Philips und Sagem. Wir haben die Nokia Version für Satellit mit AVIA 600 im Test.

Die d-box2 wird längst nicht mehr hergestellt, die im Handel befindlichen Versionen sind aufbereitete, neuwertige Geräte, die Werbung verwendet dafür den Begriff "refurbished".

Die d-box2 wirkt auf den ersten Blick recht fragil. Plastik dominiert, das ganze wirkt wenig vertrauenserweckend. Einmal ins Regal gestellt, fällt das aber nicht weiter auf. Ganz im Gegensatz zum wirklich schönen, informativen Grafik-Display.
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Die Rückseite der d-box2 glänzt mit kompletter Anschlußvielfalt: 2 Scart-Buchsen (komplett beschaltet), Sat ein und aus, RS 232, der Anschluß für das eingebaute analoge Modem und ein 10/100mbit Netzwerkanschluß.
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M+W legt der d-box2 nicht die Original-Fernbedienung, sondern einen Nachbau bei. Die Tastenbeschriftung dieses Signalgebers entspricht dabei im Wesentlichen nicht den Funktionen, die damit ausgelöst werden. Ich habe das Teil per Hand nachbeschriftet, wie auf dem Foto zu ersehen ist. D+W begründet dies mit den bald benötigten Doppelpfeiltasten, die schon von der d-box1 bekannt sind und bei diesem Exemplar auch verfügbar sind.
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Da das Linux für die d-box open source ist, gibt es keine schriftliche Anleitung in gewohnter Form. Im Internet gibt es genügend Quellen (s.o.), die auch die kleinste Kleinigkeit im Handling mit der Box erklären. Die Box ist von uns mit dem YADI-Linux konfiguriert, es stehen mehrere Oberflächen zur Wahl, für diesen Test beibt Neutrino fest eingeschaltet.
 
Die Box ist über Scart-Kabel (einzel abgeschirmte Adern) mit einem 100Hz Thomson-TV sowie zum Vergleich mit einem 50 Hz Philips-TV verbunden.


Installation:

Die Linux-Box ist recht schnell auf üblichem Wege mit der Schüssel und über Scart mit dem TV verbunden. Die Audio-Versorgung übernimmt eine AC-3 Anlage, die mit einem Lichleiterkabel an der Box hängt.

Setup:

Für den Bootvorgang aus dem "tiefen Standby" braucht die Box geschlagene 40 Sek. und wirkt eher wie ein Computer, der hochgefahren wird. Während des Bootens hat man die Auswahl zwischen den verschiedenen Oberflächen. Später kann man die Box so einstellen, das sie nur noch im Menue ins tiefe Standby zu versetzen ist. Aus dem normalen Standby erwacht die Linux-Box nahezu sofort, verbraucht dann aber im Standby satte gemessene 18 Watt, in diesem Modus sind nur Bild und Ton abgeschaltet.

Die YADI-Entwickler haben der Box ein umfangreiches Paket an vorinstallierten Settings der diversesten Satelliten mitgegeben. Für unseren Test verfahre ich genau wie mit anderen Boxen und lösche alles. Nun geht es an den Suchlauf. Hier begegnet uns die erste Besonderheit der Linux-Box: Man kann vorab wählen, ob und wieviele Bouquets eingestellt werden, unter denen die Sender vorgesammelt werden können. Das zu erstellende Bouquet "Hauptsender" ist dabei das, welches, an die erste Stelle gesetzt, bei Betätigung der OK-Taste die enthaltenen Sender zuoberst einordnet.
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Ich wähle "kein Bouquet" und starte den Suchlauf. Nach geschlagenen 12 min hat die Box alles gefunden. Da keine Bouquets vorhanden sind, findet man die Sender in wahlloser Reihenfolge. Ich erstelle das Hauptsender-B. und odne die deutschen Sender in der gewohnten Reihenfolge. Dies geschieht sehr komfortabel, man merkt, das die YADI-Entwickler wissen, worauf es ankommt.
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Die Sendersuche kann praxisnah am Display erfolgen. so braucht nicht auch noch ein TV zur Schüssel geschleppt werden. Dabei ist die Anzeige eine wirkliche Hilfe, das die Signalstärke direkt ohne Verzögerung angezeigt wird. Hilfreich ist dabei die seltene Anzeige der Fehlerhäufigkeit des Signals.
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OSD:

Die Neutrino-Oberfläche lässt sich wenig intuitiv bedienen, alles ist anders, vieles aber besser als bei üblichen STB, wenn man die Bedienung einmal erlernt hat. Man kann ohne Übertreibung behaupten, das sich bei dieser Box alles, wirklich alles einstellen lässt. Das Linux holt das Letzte aus der Hardware raus, jeder kann sich seine individuelle Box einstellen.

Das OSD ist rein textbasiert. Aus einem Grundmenue verzweigt es in unzählige Untermenues, die sich noch in einige Ebenen verzweigen.
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Eine Besonderheit der Linux-Box ist die Vernetzbarkeit mit einem PC über die handelsübliche Ethernet-Buchse. Die Netzwerkeinstellungen lassen sich sehr genau im Setup einstellen, danach ist eine stabile Verbindung mit dem PC gewährleistet. Ein Riesen-Pluspunkt dieser Verbindung ist die Möglichkeit, übers Netzwerk den PC als Videorekorder zu benutzen. Dabei kann man das Ganze so einstellen, das die Dateien als ".TS" gespeichert werden und sodann mit entsprechenden Programmen bearbeitet und auf DVD gebrannt werden können. Hervorragend. Eine Timeslip-Funktion habe ich nicht in gewohnter Form gefunden, es ist aber durchaus möglich, das der d-box2 auch dieses irgendwie entlockt werden kann.
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Desweiteren kann man über die Box Jpg-Bilder und diverse komprimierte Musikstücke, z.B. Ogg-Forbis oder MP3 Dateien wiedergeben.
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Die AC-3 Einstellung, Schwachpunkt vieler STB, kann hier entweder als automatisch vorgewählt oder später per Audio-Einstellung bei jedem Sender einzeln gewählt werden.
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EPG:

Das Linux zieht die SI-Informationen nicht gleich nach dem Einschalten. So kann es zu Verzögerungen in der Gesamtübersicht des EPG kommen, evtl müssen einige Sender erst angewählt werden, um Infos zu bekommen. Das EPG bietet sehr viele Sender (einstellbar, je nach Textgröße) gleichzeitig und ist schnell präsent. Man hat per Menue die Auswahl an verschiedenen Informationsbildschirmen. (s.Bild) Leider fehlt ein Bild im Bild, um das aktuelle Programm zu verfolgen.
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Der Info Sreen des aktuellen Programms zeigt das aktuelle und das folgende Event, die Kanalnummer, auf Wunsch den Satelliten und auf Knopfdruck den ausführlichen Begleittext, in zwei wählbaren Buchstabengrößen.

Eine MHP-Applikation gibt es für die Linux-Box noch nicht, die Realisierung dürfte aber wohl nur eine Frage der Zeit sein.

Videotext:

Die d-box2 mit originaler Betasoft-Firmware hatte einen recht umständlichen Videotext. Linux macht es etwas besser: einmal eingestellt ;) lädt es flott die Applikation und den Videotext des geschalteten Senders komplett in den Speicher. Das Umschalten der Seiten geht entsprechend schnell.
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Spiele:
YADI bietet zur Entspannung einige altbekannte Spiele. Dabei fühlt man sich in alte Atari/Amiga-Zeiten zurückgesetzt: Es gibt die Lemminge, Mastermind, Tetris etc.. Spiele können nachgeladen werden, die Anzahl ist allein durch den Speicher begrenzt.
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Lemmings

 

 

Geschwindigkeit:

Von der Bootgeschwindigkeit mal abgesehen, hat man es hier mit einem Rennpferd zu tun. Die d-box2 ist nicht mehr wieder zu erkennen, die Kanalwechsel werden fast so zügig wie bei einem analogen Receiver durchgeführt. Die Linux-Version der d-box war Anlass für viele Hersteller, die Geschwindigkeit ihrer STB zu erhöhen, wir haben es hier also sozusagen mit der Mutter aller modernen STB-Generationen zu tun ;)

Bildqualität:

Die d-box2 fabriziert ein gutes, scharfes Bild. Es wirkt manchmal etwas zu hart, darunter leidet die Tiefe und Plastizität. Trotzdem ist die Bildqualität hervorragend und hält mit vielen weit teuereren Neuentwicklungen mit.

Schlechten Empfang quittiert die STB mit Klötzchenbildung und stotterndem Ton. Der Tuner ist nicht allzu empfindlich, der Palcom DSL-4 empfängt kritische Sender weit besser.

Tonqualität:

Über den optischen digitalen Ausgang klingt die Box gut, lässt aber die letzte Brillinaz in den Höhen vermissen. Über das Setup lässt sich sogar die Lautstärke der PCM-Sender an die der AC-3 Sender anpassen. Die Umschaltung funktioniert problemlos und störungsfrei, auch das ZDF bringt das LINUX nicht aus der Ruhe.

Die Chinch-Ausgänge übertragen ein leises Rauschen, das sich wie ein Teppich unter den Klang legt. Das geht besser, ist aber wohl Hardware-bedingt.

Display:

Das ausgezeichnete grafikfähige LCD-Display der Box kann vielfältig konfiguriert werden. Das Menue bietet die Möglichkeit, zu bestimmen, was an Infos auf dem Display erscheinen soll. Selbst das aktuelle TV-Bild kann übertragen werden. Im normalen Standby erscheint eine Riesenuhr mit Datum. Hübsch!

Update:

Da sich die Box bereits im Debug-Mode befindet, ist das erneute Update durch ein neues Linux-Image einfach zu bewerkstelligen, wenn die Box über das Netzwerkkabel mit einem PC verbunden ist. Ein OTA-Update über Satellit funktioniert naturgemäß nicht.
Ich möchte hier bewusst nicht näher auf das Updaten und flashen eingehen und verweise auf gängige Internet-Quellen, wie z.B. http://wiki.tuxbox.org.


Fazit:

Die d-box2 als YADI-Linux-Variante ist eher eine Box für den fortgeschrittenen Sat-User. Zwar kann die von D+W vorkonfigurierte Box recht einfach mit Linux betrieben werden, ohne ein gewissen Sat-Grundwissen ist die Box aber nur schwer optimal einzustellen. Das die Box nicht fabrikneu ist, bemerkt man nicht. Wie sehr eine STB von der verwendeten Software abhängt, wied bei der Linux-Variante der d-box2 mehr als deutlich. Das Linux lässt auch die veraltete Hardware vergessen und macht aus dem Oldie eine top-aktuelle Sat-Box. Die Linux-Box überragt in ihrem Preissegment jegliche Konkurrenz, lässt auch weit teurere Geräte noch hinter sich. Wer bereit ist, sich in die Thematik ein wenig einzulesen, bekommt eine STB, die ihre Konkurenz lediglich in den Dreambox-Varianten findet, denen aber das Open-Source abgeht. Von D+W wünschen wir uns eine Fernbedienung, die bei der Tastenbeschriftung keine Rätsel aufgeben sollte.

Die Einstellungsmöglichkeiten sind phänomenal, die Zukunftssicherheit ist durch das weiterentwickelte Linux gesichert. Es gibt beinah nichts, was diese Box nicht kann oder was ihr nicht mit einem nachzuladenden Tool beigebracht werden kann.



Vorzüge:

- beinah uneingeschränkte Konfiguration des Gerätes durch LINUX
- einmal eingestellt, unproblematische Bedienung
- gutes Bild
- guter Ton
- AC-3 mit Optischem Ausgang
- frei konfigurierbare Scart-Anschlüsse
- Netzwerkanschluß
- RS 232
- eingebautes Modem
- Zukunftssicher durch open source
- kurze Umschaltzeiten
- sehr schnelles Laden des EPG
- übersichtliches, informatives EPG
- Aufnahmemöglichkeit mit PC
- hervorragendes Display
- launige Spiele
- gute Informationsquellen im Internet
- M+W Version ist bereits im debug-mode

Nachteile:

- kein fabrikneues Gerät mehr verfügbar
- Rauschen an den Chinch-Ausgängen
- M+W Version mit gewöhnungsbedürftiger Fernbedienung
- Plastikhafte Verarbeitung des Gehäuses
- Schwierigkeit bei der Beschaffung, die Box wird mittlerweile selten angeboten
- Prepaid-Pakete von Premiere dürfen erst nach Ablauf des Vertrages verändert werden

Fotos:
http://wiki.tuxbox.org (OSD,EPG)
dv-rec (Hardware)

(c)grabber 2005
h.gerdesmeier[at]dv-rec.de